Zum Hauptinhalt springen

Neue Strahlentherapie: Verkürzte Behandlungen und bessere Verträglichkeit für Patient*innen

Seit Ende Mai 2023 ist der Umbau der Radioonkologie am Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern abgeschlossen. Das große Highlight folgte ganz zum Schluss: die Ankunft des neuen vier Tonnen schweren Linearbeschleunigers, mit dessen Inbetriebnahme ab Herbst 2023 noch mehr Patient*innen am Ordensklinikum Linz behandelt werden können. Weitere positive Entwicklungen in der Strahlentherapie: Die Behandlungsdauer wird immer kürzer und die Lokalisierung eines Tumors präziser. Diese Vorteile verschaffen die hypofraktionierte und die ultrahypofraktionierte Bestrahlung, die bei der Radioonkologie-Tagung des Ordensklinikum Linz im Mittelpunkt standen. Von diesen Entwicklungen profitieren nicht nur Patient*innen, sondern auch das gesamte Gesundheitssystem und die Umwelt.

Am Ordensklinikum Linz werden vor allem Mamma- und Prostatakarzinome mit hypo- und ultrahypofraktionierter Bestrahlung vielversprechend behandelt. „Der Trend geht weiterhin in Richtung Verkürzung der Strahlenbehandlung mit weniger Bestrahlungssitzungen (Fraktionen), mehr Dosis pro Fraktion (höhere Einzeldosis) und mit geringeren kumulativen Gesamtdosen. Diese ‘Kondensierung‘ der Strahlentherapie wird auch ‚Hypofraktionierung‘ genannt. Bei sehr hohen Einzeldosen sprechen wir von ‚Ultrahypofraktionierung“. Die Fünf- und Zehnjahresdaten von Studien bestätigen, dass das onkologische Ergebnis bei biologisch durchdachter Hypofraktionierung gleichbleibt, wenn man sie mit herkömmlichen, längeren Schemata vergleicht“, sagt Prim. Univ.-Prof. Dr. Hans Geinitz, Leiter der Abteilung für Radioonkologie und Strahlentherapie am Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern.

Möglich werden die hypo- und die ultrahypofraktionierte Strahlentherapie durch gezielte, hochpräzise Bestrahlung der Tumore mit optimaler Schonung des umliegenden, gesunden Gewebes. Während am Ordensklinikum Linz die hypofraktionierte Strahlentherapie bei Patient*innen mit Mammakarzinom und Prostatakarzinom bereits seit vielen Jahren standardmäßig angewendet wird, kommt die ultrahypofraktionierte Behandlung bei diesen Patientengruppen erst seit 2020 bzw. 2022 zunehmend zum Einsatz.

Ultrahypofraktionierung: Ordensklinikum Linz Vorreiter bei Prostatakarzinom

Generell steht mit der alleinigen Strahlentherapie eine gut verträgliche, nicht-operative Methode zur Verfügung, um Patienten mit Prostatakarzinom zu heilen. Das Ordensklinikum Linz ist bei der ultrahypofraktionierten, stereotaktischen Strahlentherapie der Prostata Vorreiter in Österreich. Seit rund einem Jahr führt das Team der Radioonkologie und Strahlentherapie diese Kurzzeitbehandlung in fünf Sitzungen bei Patienten mit lokalisierten Prostatakarzinomen durch. Aufgrund der derzeit noch geringen Langzeitnachbeobachtungen ist die Therapie primär für über 70-jährige Patienten in der niedrigen bis mittleren Risikogruppe vorgesehen. „Laufende Studien zur Heilung des Prostatakarzinoms sind vielversprechend: in einer der größten Studien zum nicht-metastasierten Prostatakarzinom fand sich ein gleichwertiges Nebenwirkungsprofil und eine etwas bessere Effektivität beim Vergleich von 20 mit 37 Bestrahlungen. Das hypofraktionierte Schema mit 20 Fraktionen ist jetzt unser Behandlungsstandard für die meisten dieser Patienten,“ sagt Primar Geinitz. Auch erste randomisierte Studiendaten zur Ultrahypofraktionierung (5 – 7 Fraktionen fokussiert auf die Prostata) deuten auf eine gute Verträglichkeit und Effektivität dieser Schemata mit einer Behandlungsdauer von 1,5 – 2,5 Wochen hin. Die kürzlich veröffentlichten 15-Jahres-Daten einer weiteren Studie zeigen zudem, dass die alleinige Strahlentherapie kombiniert mit einer kurzfristigen Hormontherapie die Patienten mit Prostatakarzinom genauso gut heilt wie die Operation.

Hypofraktionierung: jahrelange Erfahrung bei Brustkrebs

Die deutliche Verkürzung der Strahlenbehandlung – bei älteren Patientinnen mit Mammakarzinom beispielsweise statt 25 Sitzungen nur mehr fünf Sitzungen – wird durch die Erhöhung der Einzeldosen ermöglicht, erklärt Univ.-Prof. Dr. Geinitz: „Ist die Einzeldosis höher, benötigt man eine geringere Gesamtdosis, um den gleichen Effekt zu erzielen. Die hohe Einzeldosis ist biologisch überproportional wirksam.“ Für die Patientinnen ist das kurze Schema deutlich komfortabler. Tendenziell gehen die Sitzungen pro Patientin in Linz seit Jahren zurück: waren es 2012 noch rund 23 Bestrahlungssitzungen pro Patientin, so sind es zehn Jahre später 

nur mehr 16 Sitzungen im Durchschnitt. Beim Mammakarzinom werden in Linz ältere Patientinnen bereits seit 2020 mit dem Kurzzeitschema in fünf Fraktionen behandelt. „Am Ordensklinikum hat die Hypofraktionierung eine lange Tradition: seit mittlerweile 15 Jahren erhalten bei uns Patientinnen mit Mammakarzinom nach der Operation 15 statt 25 Sitzungen. War diese Behandlung anfangs nur bestimmten Patientengruppen vorbehalten, so werden seit 2022 so gut wie alle Mammakarzinom-Patientinnen hypofraktioniert therapiert“, sagt Prim. Univ.-Prof. Dr. Geinitz. „Mittlerweile sind mehrere tausend Patientinnen erfolgreich so behandelt worden. Möglicherweise wird auch die Ultrahypofraktionierung in einigen Jahren für alle Patientinnen die Standardbehandlung sein, derzeit sind die Zahlen bei uns bereits deutlich am Steigen.“

Besser verträglich für Patientinnen mit Brustkrebs

Die Zehn-Jahres-Daten der hypofraktionierten Bestrahlung mit 15 Fraktionen beim Mammakarzinom zeigen in randomisierten, mit Zufallsmethoden zugeordneten Studien nicht nur eine gleiche Effektivität im Hinblick auf die Tumorheilung, sondern sogar etwas weniger Nebenwirkungen als das lange Schema mit 25 Bestrahlungen. Die ersten Fünfjahres-Ergebnisse einer nachfolgenden Studie, die 15 mit fünf Fraktionen vergleicht, weist sowohl eine vergleichbare Antitumor-Effektivität als auch eine vergleichbare Verträglichkeit für beide Behandlungen auf. „Damit haben wir eine sehr hohe wissenschaftliche Evidenz dafür, dass die hypofraktionierte Strahlentherapie bei der Behandlung von Patientinnen mit Brustkrebs nicht nur eine gleiche Wirksamkeit aufweist, wie das herkömmliche lange Schema, sondern auch, dass sie mindestens ebenso gut verträglich ist“, bestätigt Univ.-Prof. Geinitz.

Ressourcen und Umwelt werden geschont

Die verringerten Sitzungen wirken sich auch positiv aufs Klima aus. Da Patient*innen seltener zur Strahlentherapie fahren müssen, werden weniger Kilometer zwischen dem Wohnort und dem Ordensklinikum Linz zurückgelegt „Im Vergleich zum Jahr 2011 wurden 2022 – im Wesentlichen wegen kürzerer Behandlungsschemata – mehr als 800.000 Kilometer nicht gefahren und somit über 100.000 kg CO2 eingespart“, sagt Prim. Univ.-Prof. Geinitz.